Awareness-Konzept (Stand 02.05.2025)
Auf Veranstaltungen des Queere Kunst Regensburg e.V. kommen unterschiedlichste Personen zusammen. Diese Vielfalt ist eine große Bereicherung für unsere Treffen. Alle Personen sollen sich auf der Treffen wohl und sicher fühlen und sich gut beteiligen können. Dies klappt, wenn alle gemeinsam Verantwortung für ein positives Miteinander
übernehmen.
Wir wünschen uns eine barriere- und diskriminierungsfreie Veranstaltung und bitten alle darum gemeinsame Verantwortung zu übernehmen.
Mit unserem Awareness-Konzept wollen wir:
- Erklären, was Awareness ist und was wir alle für mehr Awareness tun können
- Über Möglichkeiten der Beratung und Unterstützung bei Diskriminierung und Grenzüberschreitungen informieren
- Bereitschaft signalisieren, auf Bedürfnisse einzugehen
- Teilnehmende informieren, wie sie zu einem diskriminierungsfreien Raum beitragen können
Was bedeutet “Awareness”?
Der englische Begriff “awareness” lässt sich mit Bewusstsein übersetzen. Im deutschsprachigen Raum steht der Begriff für eine Haltung und Praxis, die Diskriminierung und (sexualisierter) Gewalt entgegenwirkt und konsensbasiertes Handeln fördert. Im Rahmen von Veranstaltungen kann ein Raum für Identitätsfindung, Begegnung und Wissensaustausch entstehen. Diese Räume dienen dazu, dass Menschen sich kennenlernen und sich ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt. Die Erwartungen an und das persönliche Erleben von Veranstaltungen können jedoch weit auseinandergehen. Wo die einen eine produktive Veranstaltung erleben, findet für andere vielleicht Ausgrenzung, verbale, strukturelle oder körperliche Gewalt statt. Diskriminierung zeigt sich im direkten zwischenmenschlichen Verhalten und/oder durch strukturell verankerte Ungleichbehandlung. Nicht jede Diskriminierung passiert bewusst oder absichtlich. Kein Raum ist per se diskriminierungs- und gewaltfrei.
Beispiele
Beispiele: So kann der Gang zur Toilette zum Problem werden, wenn es nur die Aufteilung in “Männer” und “Frauen” und gibt, Menschen sich aber weder der einen noch der anderen Kategorie zuordnen können oder wollen. Gewalterfahrungen auf öffentlichen Toiletten sind vor allem für trans* und intergeschlechtliche Personen Realität. Oder eine alleinerziehende Person verzichtet auf die Veranstaltung, um die besser bezahlte Nachtschicht zu übernehmen oder kommt nicht, weil keine Kinderbetreuung angeboten wird. Häufig werden solche Erlebnisse nicht oder unzureichend thematisiert. Es kann von Menschen als unnötig empfunden werden, sich mit Diskriminierung und Gewalt beschäftigen zu müssen. Eine große Rolle kann auch die Angst spielen,nicht ernst genommen zu werden. Für viele ist unklar, wer für derartige Anliegen verantwortlich ist und wie mit dem Problem umgegangen wird. Zusätzlich sind die Themen für Betroffene meist mit Schuld- und Schamgefühlen besetzt, was die Aufarbeitung deutlich erschwert. Der Mythos der Mitschuld von Betroffenen hält sich hartnäckig. Ihre Glaubwürdigkeit ist demnach daran gekoppelt, ob ihr Verhalten vor und nach der Tat sowie ihr allgemeiner Lebensstil den gesellschaftlichen Bildern eines “Opfers” entsprechen. Betroffene werden gefragt, welche Kleidung sie zum Tatzeitpunkt trugen, ob sie Substanzen konsumiert oder warum sie nicht direkt etwas unternommen haben. Es wird behauptet, sie hätten sich besser schützen müssen oder anders reagieren sollen. Selten richten sich Ideen zur Verhaltensänderung an gewaltausübende Personen. Während es bei ihnen strafmildernd wirkt, wenn sie zum Tatzeitpunkt nicht nüchtern waren, wird es bei Betroffenen oft gegenteilig gedeutet.
Facetten von Diskriminierung
Unsere Gesellschaft ist stark von Machtdynamiken geprägt, sodass die Abwertung aufgrund von (zugeschriebenen) Merkmalen für viele keine Seltenheit ist. Es kann offensichtlich sein, dass Benachteiligung wegen (vermeintlicher) Gruppenzugehörigkeit passiert. Sie kann aber auch unbewusst oder im Verborgenen stattfinden und nicht als Diskriminierung erkannt werden. Diskriminierung hat unterschiedliche Gesichter. Übergriffe zeigen sich in Form von verbaler, körperlicher, sexualisierter und psychischer Gewalt wie gemeinen Sprüchen, Beleidigungen, Belästigungen und Drohungen. Manchmal ist sie für Außenstehende kaum wahrnehmbar. Es können irritierende Blicke sein oder ein diffuses Gefühl, dass bestimmte Personengruppen ausgeschlossen werden oder nur eingeschränkten Zugang zu einem Ort oder bestimmten Ressourcen haben. Die Folgen von Diskriminierung sind direkt spürbar. Betroffene Personen reagieren auf Situationen innerlich und äußerlich sehr unterschiedlich. Häufig bleibt ein Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit bestehen. Menschen können sich ausgeschlossen oder isoliert fühlen. Eventuell entsteht Wut, Aggression, Trauer, Enttäuschung oder Zynismus. Es kann zu körperlichen oder verbalen Auseinandersetzungen kommen. Bereits bestehende Traumatisierungen können getriggert werden. Wenn die Situation und involvierte Emotionen nicht aufgefangen werden, können neue Traumata entstehen. Verschiedene Unterdrückungsformen wie Rassismus, Klasse und Sexismus überschneiden sich dabei und müssen zusammengedacht werden. So kann es sein, dass eine Schwarze Frau von Diskriminierungen betroffen ist, die sich nur gegenüber Schwarzen Frauen, nicht aber Schwarzen Männern oder weißen Frauen richtet. Awareness-Arbeit versucht Aufklärung und Verständnis für verschiedene Lebensrealitäten zu schaffen, Machtungleichheiten auszugleichen, Betroffene zu schützen und (Re-)Traumatisierung vorzubeugen.
Zusammenhänge erkennen & handeln
Überall gibt es gesellschaftliche Ungleichheiten. Deswegen ist unser aller Denken und Handeln von diskriminierenden Mustern geprägt. Es kann sein, dass auch Menschen, die sich als offen und tolerant verstehen, diskriminieren oder Gewalt ausüben. Selbst, wenn es unbewusst oder aus Mangel an Information geschieht und sie es nicht wollen. Sobald eine Person in einem oder mehreren Punkten selbst der gesellschaftlichen Norm (scheinbar) entspricht, muss sie an dieser Stelle strukturelle Benachteiligung weniger befürchten und nimmt diese häufig nicht wahr. Manche nennen das Privilegien. Deshalb ist es wichtig, sich über verschiedene Diskriminierungsformen zu informieren und ihre Wirkungsweisen zu verstehen. Dies hilft dabei das eigene Handeln in Bezug darauf zu erkennen und zu verändern. Für eine gute Awareness müssen wir das eigene Selbstbild hinterfragen und vermeintliche Wahrheiten über uns selbst verlernen. Wenn eine Person kein*e Rassist*in ist, kann sie dennoch rassistisch handeln. Auch in queeren Kreisen kommt Transfeindlichkeit vor. Selbst wenn eine Person einerseits von Diskriminierung betroffen ist, kann sie andererseits selbst diskriminieren. Manchmal tragen wir unbewusst dazu bei, diskriminierende Strukturen zu erhalten.
Ansprechpartner*innen
Kontaktmöglichkeiten der Awareness Beauftragten während Veranstaltungen der Queeren Kunst Regensburg
Die Awareness Beauftragten sind vor Ort an einem Button zu erkennen. Ebenso wird am Anfang der Veranstaltung darauf hin gewissen wer die Awareness Beauftragten sind und dass es ein Awareness Konzept gibt.
Desweitern muss die E-Mail-Adresse des Awareness-Teams zugänglich gemacht werden.
Sollte keine Awareness-Person vor Ort sein, sollte auf die E-Mail-Adresse verwiesen werden. In Notfall Situationen können Vorstandsmitglieder angesprochen werden, diese sind angehalten möglichst zeitnahe eine Awareness Person darüber zu informieren.
Kontaktmöglichkeiten der Awareness Beauftragten abseits von Veranstaltungen
Für den Kontakt abseits von Veranstaltungen wird eine E-Mail-Adresse zur Verfügung gestellt. Die Email Adresse ist auf der Website, sowie auf allen Soziale Media Kanälen zu finden (WhatsApp, Instagram, etc.)
E-Mail-Adresse: awareness@queere-kunst-regensburg.de
Handlungsempfehlungen für Awareness Beauftragte und Helfer*innen von betroffenen Personen
Intervention
Interventionen im Falle von Grenzüberschreitungen, Diskriminierung und (sexualisierter) Gewalt sind neben der Präventionsarbeit ein wichtiger Pfeiler von Awareness. Im Fokus steht dabei die parteiliche Unterstützung und Stärkung von Betroffenen. Aufklärende Gespräche mit gewaltausübenden oder diskriminierenden Personen können die Unterstützungsarbeit ergänzen.
Unterstützung von betroffenen Personen
Diskriminierung wirkt oft gesellschaftlich isolierend und gibt Menschen das Gefühl, handlungsunfähig und machtlos zu sein. In diesem Kapitel sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie betroffene Personen dabei unterstützt werden können, einen selbstbestimmten Umgang mit ihrer Situation zu finden und zu verwirklichen. Zunächst: Achtet immer auf euch selbst. Selfcare ist beim Unterstützen sehr wichtig. Auch ihr müsst eure Grenzen kennen und sehen. Bringt euch in brenzligen Situationen nicht in Gefahr.
Leistet die Unterstützung nicht allein!
Arbeitet immer mindestens zu zweit, um euch gegenseitig stärken zu können. Häufig ist es hilfreich, zunächst eine reizarme Umgebung aufzusuchen und dadurch eine räumliche Trennung von betroffener Person und stressauslösender Situation herbeizuführen. Dafür bietet sich ein Awareness-Raum als Rückzugs- und Ruheort an. Je nach Situation kann es am wichtigsten sein, Bedürfnisse zu erkennen und auszudrücken. Es kann auch darum gehen, Gefühle der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins zu überwinden, persönliche Grenzen zu ziehen und anzuerkennen. Für jede Person und Situation gibt es individuelle Lösungen und Ansätze. Awareness nach Schema X ergibt keinen Sinn. Jede Situation bedarf eines betroffenenzentrierten Umgangs. Bei der Unterstützung sollte aber ein konkreter Rahmen geschaffen werden, in dem das Geschehene aufgefangen wird und eigene Handlungsstrategien entwickelt werden.
Es ist wichtig, dass die Unterstützenden aktiv zuhören.
Betroffene Personen besitzen immer die Expertise für ihr eigenes Erleben und wissen selbst am besten, was sie brauchen und was helfen kann. Meist reicht es, danach zu fragen. Bei sichtlicher Überforderung können Möglichkeiten angeboten werden. Die Vermeidung von Diagnosen, Bewertungen und Zuschreibungen, also ein Arbeiten auf Augenhöhe, ist zentral. Wir verwenden nicht den Begriff “Opfer”, da er Betroffenen eine passive Rolle zuschreibt, stigmatisiert und teilweise als Beleidigung benutzt wird. Die Wahrnehmung der Person sollte nicht in Frage gestellt werden. Was als Gewalt/Diskriminierung/ Grenzüberschreitung wahrgenommen wird, stellt für die betroffene Person die Realität dar. Die Wahrnehmung der außenstehenden Person kann (stark) davon abweichen. Es geht nicht um eine allgemeine Wahrheitsfindung, sondern um die Anerkennung einer individuellen Erfahrung. Generell steht die awareness- geschulte Person auf der Seite der Menschen, die eine übergriffige Situation erlebt haben. Alle Gespräche unterliegen der Vertraulichkeit. Jede Situation ist individuell. Es gibt jedoch verschiedene Haltungen und Verhaltensweisen, an denen ihr euch orientieren könnt. Bei Awareness geht es darum, von Diskriminierung oder (sexualisierter) Gewalt betroffene Personen zu unterstützen, und nicht darum, alle Personen zu unterstützen, die sich wegen irgendetwas gestört oder benachteiligt fühlen. Gestört fühlen sich manchmal auch Menschen, die an ihre Privilegien gewöhnt sind und dann im Rahmen einer Veranstaltung ein anderes, ihren Privilegien entgegenwirkendes, Vorgehen erleben. Ein Beispiel: Es wird auf ein geschlechtergerechtes Line-up geachtet und ein etablierter, weißer cis DJ echauffiert sich darüber. Darum ist es von Bedeutung, sich mit Macht- und Herrschaftsverhältnissen auszukennen; zu analysieren, sich der gesellschaftlichen Positionierung der beteiligten Personen bewusst zu sein, den Kontext zu beachten und eine Einordnung vorzunehmen. Das will geübt sein, deswegen ist externe Supervision und Reflexion im Awareness-Team besonders wichtig.
!! Kenne als helfende Person die Grenzen deiner Kompetenz. Gebe lieber die Verantwortung ab, wenn du das Gefühl hast es ist zu viel für dich. Ressourcen am Ende des Dokuments. !!
Kommunikation mit dem Vorstand
Das Awareness Team steht im konstanten Austausch mit dem Vorstand. Es werden ohne Einverständnis der Betroffenen keine Daten über Vorfälle weitergegeben Mit Einverständnis können Daten anonymisiert weitergegeben werden. Der Vorstand unterstützt wo möglich und nötig das Awareness-Team bei der Arbeit. In Zusammenarbeit mit dem Vorstand können Konsequenzen für Vorfälle erarbeitet werden. Grenzverletzungen können bis zum Vereinsausschluss und zum Ausschluss von Veranstaltungen führen (siehe Code-of-Conduct Queere Kunst Regensburg).
Ressourcen zur Weitervermittlung
Diese Nummern sind eine Momentaufnahme, sie müssen aktuell gehalten werden. Bitte überprüft die Angaben noch einmal, bevor sie rausgegeben werden.
Broschüren
- Broschüre “awareness – Umgang mit Diskriminierung & (sexualisierter) Gewalt bei Veranstaltungen”
Hotlines
Die kostenfreie Hotline bietet rund um die Uhr Erstgespräche und Unterstützung in 27 Sprachen,
- Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: Hilfe-Telefon (24h) Web 0800 01 1 60 16, www.hilfetelefon.de
- Männerhilfetelefon: Hilfe-Telefon Web 0800 12 39 900, www.maennerhilfetelefon.de, Mail beratung@maennerhilfetelefon.de
- Telefonseelsorge der Diakonie (auch Chat möglich): 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222, http://www.telefonseelsorge.de/
- Nummer gegen Kummer (auch Chat möglich): 0800 111 0 550 (Elterntelefon, montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 17 bis 19 Uhr), 0800 111 0 333 (Kinder- und Jugendtelefon, montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr)
- Kostenfreie Beratung von den PsychologistsForFuture: Ein offenes Gespräch mit jemensch mit psychologischen Kenntnissen. Eine Beratung kann und soll keine Therapie sein – wir sind insbesondere mit Klima- und Aktivismus-Themen vertraut und stellen keine Diagnosen. Beratungsanfragen an: beratung@psychologistsforfuture.org; 1x/ Monat offene Gesprächsrunden. Termine auf der Webseite oder Kontakt unter: gespraechsrunden@psychologistsforfuture.de
Online Beratung
- Online-Beratung der Caritas: https://www.caritas.de/hilfeundberatung/onlineberatung
Quelle und Lizenz
Für dieses Awareness-Konzept wurden Auszüge der Broschüre “awareness – Umgang mit Diskriminierung & (sexualisierter) Gewalt bei Veranstaltungen” (PDF, 2021, Lizenz: CC BY-SA 3.0) der Initiative Awareness e.V. als auch das “Awareness-Konzept DGfE-Sektion Medienpädagogik #mpaed2022 – Inklusive Medienbildung in einer mediatisierten Welt: Medienpädagogische Perspektiven auf ein interprofessionelles Forschungsfeld CC BY-SA 4.0 Lizenz” von Franziska Schaper, Melanie Wilde und Anna-Maria Kamin verwendet: Textabschnitte aus der Broschüre wurden zusammengefasst, sprachlich leicht angepasst, um eigene Sätze und Formulierungen ergänzt.